Die Kontrollfunktion der Landesmedienanstalten in verfassungsrechtlicher Sicht

I N H A L T S V E R Z E I C H N I S Hilfe? Info? Click Here

 

A) Einleitung *

B) Struktur und Aufbau der Landesmedienanstalten *

I) Aufbau *

II. Kontrolle über die ordnungsgemäße Arbeit der Landesmedienanstalten *

III. Gesetzliche Aufgabe der Landesmedienanstalten *

1. Zulassungsverfahren *

2. laufende Aufsicht über die privaten Rundfunkunternehmen *

a) Die Programmkontrolle *

b) Konzentrationskontrolle *

 

C) Die Stellung der Landesmedienanstalten und ihre Kontrollfunktionen im Gefüge der Rundfunkverfassung *

I. Landesmedienanstalten als grundrechtssichernde Anstalten: *

Verpflichtung zur praktischen Konkordanz in Kollisionsfällen erfordert vielfach komplexe Wertungen und prognostische Einschätzungen

II. Staatsfreiheit als tragender Grundsatz bei der Qualifizierung, Inhalt und Intensität der Kontrollaufsicht durch die Landesmedienanstalten *

1. Qualifizierung der Überwachungstätigkeit der Landesmedienanstalten *

Trotz grundsätzlicher Beschränkung auf Rechtsaufsicht vielfach Durchbrechung dieses Prinzips

2. Inhalt und Auswirkungen des Gebots der Staatsfreiheit *

III. Kontrolle durch begrenzten Außenpluralismus : ein Weg zur Erreichung von Meinungsvielfalt ? *

1. Rechtsprechung des BVerfG *

2. Bewertung *

IV. Verfassungsmäßigkeit medienrechtlicher Kontrolle am Beispiel der Programmgrund-sätze *

 

D) Ausblick auf künftige Entwicklung *

 


Die Kontrollfunktion der Landesmedienanstalten in verfassungsrechtlicher Sicht

 

  1. Einleitung
  2. Für die Zulassung und Kontrolle privater Rundfunkunternehmen sowie für einige andere Aufgaben in der dualen Rundfunkordnung haben die Länder eigene "rechtsfähige Anstalten des öffentlichen Rechts" errichtet, deren Namen zwar bundesweit verschieden ist (es gibt derzeit 15 Landesmedienanstalten), die aber unter dem Oberbegriff der "Landesmedienanstalten" zusammengefaßt werden (so auch im RStV). Sie üben ihre Tätigkeit "aufgrund und innerhalb der gesetzlichen Bestimmungen unabhängig und in eigener Verantwortung aus".

    Ihrer Zielrichtung und möglichen Eingriffsintensität nach scheint die Tätigkeit der Landesmedienanstalten geeignet, den Handlungsspielraum privater Rundfunkveranstalter erheblich einzuschränken. Somit stellt sich die Frage nach verfassungsrechtlichen Rechtfertigungen und Grenzen solch einschneidender Maßnahmen.

     

  3. Struktur und Aufbau der Landesmedienanstalten
    1. Aufbau

    Durch die Landesmediengesetze wurden jeder Landesmedienanstalt eine bestimmte Organisation gegeben, deren genauere Ausgestaltung länderspezifisch ist (vgl. z.B. §§ 45 RhPfLRG, 67 f SaarRfG, 10 BerlBrandStV).

    Grundsätzlich finden sich in den Landesmedienanstalten wenigstens folgende zwei Organe :

    Bei einigen Landesmedienanstalten ist noch ein Verwaltungsrat eingerichtet und bei einigen wurde auch das Amt eines Datenschutzbeauftragten geschaffen (z.B. Art. 20 IV BayMG, § 50 LRG NW).

    Die Versammlung/Landesrundfunkausschuß zeichnet sich besonders durch die ehrenamtliche Tätigkeit in ihr aus sowie dadurch, daß es für die Mitgliedschaft persönliche Voraussetzungen und Ausschlußgründe gibt, die z.B. bei Regierungsmitgliedern oder Gremienmitgliedern öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten oder privater Rundfunkveranstalter greifen. Ihr Aufgabenbereich ist umfangreich und geht von der Entscheidung/Mitwirkung im Zulassungsverfahren über den Erlaß von Programmrichtlinien, der Festlegung bei der Programmkontrolle bis hin zu Rücknahme oder Widerruf einer Zulassung.

    Demgegenüber besteht der Vorstand aus ein bis fünf, meist hauptamtlich tätigen Personen, die durch die Versammlung gewählt werden. Er vertritt die Landesmedienanstalten gerichtlich und außergerichtlich, bereitet die Versammlungsbeschlüsse vor und trifft z.T. Einzelentscheidungen in den Bereichen der Zulassung, des Widerrufs und v.a. der Programmkontrolle, so z.B. im Bereich der Werbung.

    Die Landesmedienanstalten finanzieren sich aus Anteilen an der Rundfunkgebühr sowie Gebühren und Abgaben privater Rundfunkunternehmen.

    Seit dem RStV 1987 erhalten die Landesmedienanstalten 2 % aller Rundfunkgebühreneinnahmen des entsprechenden Anstaltsbereiches (Art. 6 RStV 1987; nun: § 40 RStV 1991).

     

    II. Kontrolle über die ordnungsgemäße Arbeit der Landesmedienanstalten

    Staatliche Aufgaben zur Erfüllung nach Weisung dürfen einer Landesmedienanstalt nicht übertragen werden. Sie sind echte "rechtsfähige Anstalten des öffentlichen Rechts" mit Selbstverwaltungsrecht (vgl. z.B. Art. 10 I BayMG), sind jedoch organisatorisch nicht mit der allgemeinen (unmittelbaren) Staatsverwaltung verbunden. Dies ist verfassungsrechtliches Gebot für die auch hier notwendige "Staatsfreiheit".

    Nach den Landesmediengesetzen unterliegen die Landesmedienanstalten daher der staatlichen Rechtsaufsicht einer bestimmten Landesbehörde (meist der Ministerpräsident). Aufgrund des Gebots der Staatsferne der Landesmedienanstalten und der Besonderheit ihrer Aufgabe ist eine Fachaufsicht nicht möglich. Der Rechtsaufsicht stehen die üblichen Instrumentarien zur Verfügung: Einholung von Auskünften, Hinweisrecht bzgl. einer gesetzwidrigen Maßnahme und Beseitigungsaufforderungsrecht, Anweisungsrecht und im Falle der Wiederholung die Ersatzvornahme (dies ist jedoch bei Programmangelegenheiten nicht zulässig !). Aufgrund ihrer Grundrechtsfähigkeit kann die Landesmedienanstalten sich gegen Maßnahmen der Rechtsaufsicht nicht nur mit verwaltungsgerichtlichen Mitteln, sondern auch mit verfassungsgerichtlichem Rechtsschutz zur Wehr setzen.

     

    III. Gesetzliche Aufgabe der Landesmedienanstalten

    Als öffentlich-rechtliche Anstalt hat die Landesmedienanstalt die Aufgaben zu erfüllen, die ihr durch Gesetz aufgetragen sind (vgl. "§ 2 RhPfLRG, § 66 SaarRfG, § 9 BerlBrandStV).

    Die Aufgaben der Landesmedienanstalten betreffen regelmäßig folgende Sachkomplexe:

    a) Zulassungsverfahren : Zulassung, Rücknahme oder Widerruf einer Zulassung

    b) laufende Aufsicht über die privaten Rundfunkunternehmen

    c) Durchführung von Ordnungwidrigkeitsverfahren

    d) Einrichtung und Betreuung Offener Kanäle

    e) Mitwirkung bei der Weiterverbreitung von Rundfunkprogrammen in Kabelanlagen

    f) Mitwirkung bei der Versorgungplanung und Frequenzverteilung

    g) Entscheidungen bei rundfunkähnlichen Diensten

    h) weitere Aufgaben wie Ausbildung und Begutachtung

     

    Beispielhaft und in Bezug auf die Kontrollfunktion der Landesmedienanstalten besonders relevant sei hier kurz näher auf einzelne Aufgabenbereiche eingegangen.

    1. Zulassungsverfahren

    Grundsatz der Zulassung : Wer Hörfunk oder Fernsehen veranstalten will, bedarf der Zulassung nach Landesrecht (vgl. § 20 I RStV 1991, " 5 RhPfLRG, " 48 SaarRfG ("Konzession"), §§ 28,29 BerlBrandStV).

    Dieser Genehmigungsvorbehalt für die Veranstaltung von Rundfunk ist verfassungsrechtlich nicht bedenklich. Dies bestätigte das BVerfG in seiner Entscheidung E 57, 295 (326f), in der es dem früheren § 2 NdsLRfG, der die Erlaubnispflicht statuierte, die verfassungsrechtliche Unbedenklichkeit bescheinigte. Selbst in Art. 10 MRK wird ausdrücklich von der Zulässigkeit einer Genehmigung für den Betrieb eines Rundfunkunternehmens gesprochen.

    § 20 RStV 1991 kennt drei Regelungsgruppen:

    1. Zulassungsverfahren für "normale" private Rundfunkunternehmen, Abs. 2

    2. Vereinfachtes Zulassungsverfahren, Abs. 3 bis "... ist Werbung unzulässig"

    3. Sendungen ohne Zulassung, Abs. 3 Satz 3.

    Beim Zulassungsverfahren für "normale" private Rundfunkunternehmen wird der Grundsatz angewandt, daß solche Rundfunkveranstalter einer Zulassung nach Landesrecht bedürfen : will jemand bundesweit Rundfunk veranstalten, muß nach § 2 II RStV 1991 eine der dort genannten Programmkategorien festgelegt werden : Vollprogramm, Spartenprogramm, Satellitenfensterprogramm oder Regionalfensterprogramm.

    Ein vereinfachtes Zulassungsverfahren darf durch landesgesetzliche Regelungen angeordnet werden, vgl. § 11 RhPfLRG, § 62 SaarRfG.

    Darüber hinaus erlaubt der Rundfunkstaatsvertrag auch die landesrechtliche Ausgestaltung von Sendungen ohne Zulassung, vgl. § 42 BerlBrandStV.

    Das Zulassungsverfahren beginnt regelmäßig mit einer Ausschreibung, die Landesmedienanstalten nach Klärung einer oder mehrerer Übertragungskapazitäten vorzunehmen hat und regelmäßig im Staatsanzeiger und in der örtlichen Presse publiziert. Hierin sind die Parameter der zur Verfügung stehenden Rundfunkfernmeldekapazitäten genau zu beschreiben und Bewerber mit einer Frist zur Antragstellung aufzufordern (vgl. § 5 II RhPfLRG, § 49 SaarRfG, § 26 BerlBrandStV).

    Über diese Anträge muß die Landesmedienanstalt nach den für sie geltenden gesetzlichen Vorschriften entscheiden. Dabei muß sie formale wie materielle Auswahlgrundsätze beachten. So erhalten keine Zulassung politische Parteien, staatliche Institutionen, Beamte und Angestellte des öffentlichen Dienstes. Maßgeblich ist letztlich aber die Einhaltung bestimmter Auswahlgrundsätze, wenn mehrere Bewerber eine Zulassung für dieselbe Übertragungskapazität beantragen: Kriterien sind hier z.B. die Prognose über den erwarteten Beitrag zur Meinungsvielfalt, das Verhältnis zwischen Voll- und Spartenprogramm, lokaler oder regionaler Bezug des Programms, Professionalität der Programmgestaltung sowie Fragen der redaktionellen Mitbestimmung (vgl. auch § 7 RhPfLRG, §§ 50 f SaarLRG).

    Die Erlaubnis hat genau die Art des Programms, die Übertragungsmittel, u.U. das Verbreitungsmittel, Sendezeiten und andere Parameter der Programmgestaltung zu bezeichnen und wird regelmäßig auf einen Zeitraum befristet, der länderspezifisch zwischen 2 und 10 Jahren betragen kann (vgl. § 49 IV SaarRfG).

    Zulassung, Rücknahme sowie Widerruf der Erlaubnis sind nach einhelliger Ansicht Verwaltungsakte, die verwaltungsgerichtlich angefochten werden oder durch Verpflichtungsklage erzwungen werden können.

     

    2. laufende Aufsicht über die privaten Rundfunkunternehmen

    Die Rundfunkaufsicht als externe Kontrolle über die privaten Veranstalter ist eine der wesentlichen, kontinuierlichen Aufgaben der Landesmedienanstalten (BVerGE 73, 164).

    § 26, 35 I, 38 RStV legt zwei wesentliche Kontrollmechanismen fest :

    1. Die Programmkontrolle

    2. Die Konzentrationskontrolle

     

    a) Die Programmkontrolle

    So haben die Landesmedienanstalten die Einhaltung der gesetzlichen Programmvorschriften zu überwachen, § 35 I, 38 I RStV (vgl. auch §§ 67 I SaarRfG).

    Hierbei ergeben sich die Aufsichtskriterien aus

    - den Programmvorschriften des Mediengesetzes und des Rundfunkstaatsvertrages

    - den sonstigen gesetzlichen Vorschriften

    - die das Programm betreffenden Bestimmungen der Zulassung.

     

    Als Aufsichtsmaßnahmen stehen die Mittel der Feststellung, Anweisung, z.T. der Widerruf der Erlaubnis zur Verfügung.

    Die Landesmedienanstalten sind berechtigt, bei den Rundfunkunternehmen Auskünfte einzuholen, zu deren Erteilung diese wiederum verpflichtet sind (z.B. § 32 BadWürttMedG, § 13 I NdsLRfG). Verstößt ein Programm oder eine Sendung gegen ein Gesetz oder eine Bestimmung der Erlaubnis, kann die Landesmedienanstalten dies formal feststellen, beanstanden und den Rundfunkveranstalter anweisen, Verstöße zu unterlassen. In einigen Landesmediengesetzen (§ 54 II -IV SaarRfG) wird den Landesmedienanstalten sogar die Möglichkeit gegeben, die Erlaubnis zu widerrufen, wenn eine schwerwiegende Verletzung zum wiederholten Male festgestellt wird.

    Eine solche nachträgliche Beurteilung durch eine staatsunabhängige Anstalt ist nach der Rechtsprechung des BVerfG keine Zensur i.S.d. Art. 5 Abs. 1 S.3 GG (BVerGE 73, 118,163 ff, 183).

     

    b) Konzentrationskontrolle

    § 35 I RStV verpflichtet die Landesmedienanstalten auch zur Einhaltung der Antikonzentrationsbestimmungen des § 25,26 RStV. Zur effektiveren Funktionswahrnehmung wurde daher die "Kommission zur Ermittlung der Konzentration" (KEK) geschaffen.

     

  4. Die Stellung der Landesmedienanstalten und ihre Kontrollfunktionen im Gefüge der Rundfunkverfassung
  5. Nahezu alleiniger Brennpunkt einer verfassungsrechtlichen Betrachtung ist –selbstverständlich- Art. 5 GG mit seiner in Abs. 1 enthaltenen Gewährleistung der Rundfunkfreiheit.

    Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG wurde unter dem Eindruck Erfahrungen während des Dritten Reiches geschaffen. Während des Dritten Reiches war Art. 118 WRV, der unter anderem die Pressefreiheit gewährte, durch verschiedene Ermächtigungsgesetze und Verordnungen praktisch außer Kraft gesetzt worden. So konnten die Massenmedien unter Kontrolle gehalten werden. Unter dem Eindruck dieser Aushöhlung des Art. 118 WRV sollte der Presse- und Rundfunkfreiheit eine tragende Rolle für die demokratischen Grundordnung zukommen.

     

    Rundfunk wird gemeinhin definiert als die Veranstaltung und Verbreitung von akustischen und/oder visuellen Darbietungen aller Art für die Allgemeinheit, also für einen individuell unbestimmten Personenkreis mit Hilfe drahtlos oder kabelgebunden verbreiteter elektrischer Schwingungen. Der Rundfunkbegriff ist entwicklungsoffen, und umfaßt auch neuartigere, rundfunkähnliche Dienste auf der Basis elektrischer Schwingungen wie Pay-TV, Videotext, Telefonansagedienste, Bildschirmtext, Teleshopping, Abruf- und Zugriffsdienste (Video on Demand) sowie interaktives Fernsehen.

    Kern der Rundfunkfreiheit ist die umfassende Programmfreiheit. Art. 5 I 2 GG umfaßt sowohl die Berichterstattung i.S. einer Wiedergabe von Tatsachen, als auch Meinungsäußerungen, also jede "Vermittlung von Information und Meinung". So sind die verschieden denkbaren Programmarten geschützt, gleich, ob die Rundfunksendung der politischen Information, der Allgemeinbildung oder sonstigen Zwecken dient.

    Von Art. 5 geschützte Verhaltensweisen umfassen alle mit der Veranstaltung von Rundfunkprogrammen zusammenhängende Tätigkeiten, von der Gründung eines Rundfunkunternehmens bis hin zur Informationsbeschaffung und Berichterstattung. Soweit Landesmediengesetze (wie § 1 I LMedienG Baden-Württemberg) das Freiheitsrecht auf Zugang zum Rundfunk auch für den privaten Veranstalter nicht einfachgesetzlich normieren, ergibt sich dieser also ausdrücklich aus Art. 5 I 2 GG.

    Zum Garantieumfang der Rundfunkfreiheit gehören tatbestandlich die Organisation und die Finanzierung des Rundfunkbetriebs, soweit sie Rückwirkungen auf die Programmtätigkeit haben können, z.B. die von staatlichen Einfluß freie Auswahl.

    In die Rundfunkfreiheit greifen staatliche Handlungen ein, die zur Veranstaltung des Rundfunks geschützten Tätigkeiten der Rundfunkanstalten bzw. der privaten Rundfunkunternehmer ver- oder behindern. Allerdings liegt kein den Abwehrcharakter des Art. 5 I GG aktualisierender Eingriff in gesetzgeberischer Ausgestaltung der Rundfunkfreiheit sowie ihrer Finanzierung.

    Stellung und Funktion der Landesmedienanstalten werden durch die Erkenntnis bedingt, daß privatwirtschaftlicher Rundfunk nicht aus sich heraus - also ohne steuernde Einflußnahme einer "externen" Instanz - den auf die Meinungsbildungsfreiheit aller Bürger ausgerichteten Anforderungen gerecht wird. In der - umstrittenen - Sichtweise des BVerfG darf der Rundfunk nicht dem "freien Spiel der Kräfte überlassen" werden. Notwendig sei vielmehr eine strukturgestaltende Rahmensetzung, die ohne eine Instanz zur Sicherung der Einhaltung der Vorgaben unzureichend wäre. In der Rechtsprechung des BVerfG ist dem Gebot der extern wirksamen Kontrolle daher Verfassungsrang zugesprochen worden. Bezugspunkt der Kontrolle ist die Sicherung eines "Grundstandards" an Vorkehrungen, der die wesentlichen Voraussetzungen von Meinungsvielfalt umfaßt, so die Möglichkeiten für alle Meinungsrichtungen, im privaten Rundfunk zum Ausdruck zu gelangen, und den Ausschluß einseitigen, in hohem Maße ungleichgewichtigen Einflusses einzelner Veranstalter oder Programme auf die Bildung der öffentlichen Meinung, namentlich die Verhinderung des Entstehens vorherrschender Meinungsmacht.

    Die Pflicht des Staates zur Gewährleistung der Rundfunkfreiheit gebietet ihm damit die materielle, organisatorische und verfassungsrechtliche Ausgestaltung der Rundfunkfreiheit i.S. einer positiven Ordnung. Dies entspricht der Rechtsprechung des BVerfG, die Grundreche gewännen nicht nur eine Bedeutung im "status negativus", sondern enthielten auch einen obektiv-rechtlichen Gehalt. In diesem Sinne muß der Staat Verfahrensregelungen schaffen, die geeignet sind, zu bewirken, was Art. 5 I GG gewährleisten will. Zu dieser Ausgestaltung ist grundsätzlich der (Landes-)Gesetzgeber zuständig. In den Grenzen des Art. 1 III kommt ihm ein Gestaltungsspielraum hierbei zu; dem Gesetzesvorbehalt genügend, muß er die wesentlichen Fragen selbst regeln. Die Ausgestaltung der Rundfunkfreiheit erfordert die rechtliche Disziplinierung der Macht des Massenmediums Rundfunk mit dem Ziel, eine pluralistisch verfaßte Demokratie auch weiterhin zu erhalten.

    Dabei gelten folgende Grundsätze : Staatsferne, Parteiferne, Wirtschaftsferne und eine pluralistische Organisation, damit der Rundfunk nicht einer oder einzelnen gesellschaftlichen Gruppen ausgeliefert wird, sondern die in Betracht kommenden Kräfte im Gesamtprogrammangebot zu Wort kommen können.

    Daraus ergeben sich verfassungsrechtlich gebotene materielle Mindestanforderungen an die Programminhalte der einzelnen (privaten wie öffentlich-rechtlichen) Rundfunkveranstalter (die sog. Programmgrundsätze). Sie sind v.a. zu "sachgemäßer, umfassender und wahrheitsgemäßer Information und einem Mindestmaß an gegenseitiger Achtung verpflichtet .

    Eine solche "positive Ordnung" zur Sicherung der Vielfalt, Schutz der "Vermittlungsfunktion des Rundfunks" und zur Optimierung der Rundfunkfreiheit setzt aber ein der Rundfunkfreiheit angepaßtes Aufsichtskonzept und dementsprechende Kontrollinstrumente voraus.

    Gefordert sind deshalb präventive Kontrollerlaubnisse und Anzeigepflichten. Aus diesem Grund gilt eine "vorherige Überprüfung" der Einhaltung gesetzlicher Vorgaben vor der Aufnahme der Tätigkeit als privater Rundfunkveranstalter als unverzichtbar. Somit ist verfassungsrechtlich grundsätzlich ein Erlaubnisverfahren aufgegeben. Zu dieser Zulassungskontrolle muß die laufende Kontrolle nach Aufnahme der Tätigkeit hinzukommen. Diese stellt sich so zugleich als Programmkontrolle und als Strukturkontrolle dar, indem die Funktionsfähigkeit der Rundfunkordnung v.a. im Hinblick auf die Vorgaben zur Sicherung des Marktmechanismus überprüft werden, so v.a. die Regeln zur Konzentrationsbekämpfung (vgl. § 25, 26 RStV).

    Trotz der ländereigenen Gestaltungsfreiheit entwickelten diese Kontrollorgane doch eine relative Aufgaben- und Strukturhomogenität, die es ihnen erst ermöglicht, ihrer im Rundfunkstaatsvertrag geforderten Rolle als Motor und Garant der interföderalen Kooperation gerecht zu werden (vgl. die Regelungen des RStV), da nur so die Rundfunkfreiheit in einer Marktordnung zu sichern ist, die keine Grenzen kennt.

    "Rundfunkwellen halten sich nicht an Ländergrenzen". Somit erfordert - und dies ist verfassungsrechtliche Pflicht der Länder - wirksame Kontrolle auch länderübergreifende Kooperation. Dies ist verfassungsrechtlich vorgegeben aus dem Grundsatz des bundesfreundlichen Verhaltens und ergibt sich auch unmittelbar aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG und wurde auch im RStV statuiert in § 38 II.

    In Erfüllung dieser verfassungsrechtlichen Pflicht schufen die Landesmedienanstalten am 27.11.1993 die "Grundsätze für die Zusammenarbeit der Arbeitsgemeinschaft der Landesmedienanstalten in der Bundesrepublik Deutschland" (ALM). Auf dieser Basis wurde die "Arbeitsgemeinschaft der Landesmedienanstalten" gegründet, die aus drei Kooperationsforen besteht : der Gesamtkonferenz, der Gremienvorsitzendenkonferenz und der Konferenz der Direktoren der Landesmedienanstalten (KDLM) (§ 35 II Nr 2 RStV).

     

    I. Landesmedienanstalten als grundrechtssichernde Anstalten:

    In der Rolle als Garanten der Grundrechtsverwirklichung der Kommunikatoren und Rezipienten und somit der Funktionsfähigkeit einer freiheitlichen und vielfältigen Rundfunkordnung unterstützen die Landesmedienanstalten den die Rundfunkordnung ausgestaltenden Gesetzgeber. Dabei sind die Landesmedienanstalten nicht nur auf Art. 5 GG ausgerichtet, denn es gilt selbstverständlich auch hier der Grundsatz, daß auch die anderen Verfassungsnormen einschließlich aller (übrigen) Grundrechte zu beachten sind. Soweit aber das Handeln auf Schutzbereiche anderer Grundrechte einwirkt, können Kollisionen eintreten. Insofern ist die Aufgabe der Grundrechtssicherung mit dem Auftrag gekoppelt, gegebenenfalls praktische Konkordanz bei der Verwirklichung verschiedener Grundrechte zu ermöglichen. Insoweit haben die Landesmedienanstalten darauf zu achten, daß die nicht vorrangig medienfreiheitsbezogenen Rechtsgüter - z.B. im Bereich von Persönlichkeits- und Jugendschutz (vgl. Regelungen in den jeweiligen Landesmediengesetzen)- nicht durch die Ausgestaltung der Medienordnung beeinträchtigt werden. Soweit der Schutz solcher Rechtsgüter ausdrücklich in den Mediengesetzen vorgesehen ist, haben die Landesmedienanstalten einen besonderen Auftrag der Konkordanzsicherung, welcher ihnen im Rahmen der ihnen aufgegebenen Ausgestaltung der Rundfunkordnung erteilt wird. Die Vermeidung von Kollisionen zwischen verschiedenen Rechtsgütern oder der Anwendung praktischer Konkordanz als Prinzip des schonendsten Ausgleichs vor dem Hintergrund der Aufrechterhaltung und Wahrung der Funktionsfähigkeit der Medienordnung erfordert von dieser gesetzlichen Vorgabe aus betrachtet komplexe Wertungen sowie teils prognostische Einschätzung und Abwägungsentscheidungen. Auch dies verdeutlicht die besondere Rolle der Landesmedienanstalten und ihre Funktionen im Gefüge der Rundfunkverfassung.

    Die Notwendigkeit und Intensität der Kontrolle des privaten Rundfunks durch die Landesmedienanstalten wird insbesondere an folgendem Beispiel deutlich.

    Der Gesetzgeber hat auch den Programmgrundsatz der Wahrheitspflicht zu gewährleisten; somit muß der dem privaten Betroffenen rechtliche Möglichkeiten eines Gegendarstellungsanspruchs einräumen. Insoweit sind Gesetze, die das Gegendarstellungsrecht konkretisieren, Gesetze i.S. von Art. 5 II GG, die Rundfunkfreiheit zugunsten der in ihrer persönlichen Ehre oder ihrem Persönlichkeitsrecht Betroffenen einschränken und ihrerseits bei der Zuordnung der verschiedenen Verfassungsrechtsgüter i.S. praktischer Konkordanz den Grenzen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatz unterliegen. Zugleich enthält das Gegendarstellungsrecht aber eine Komponente, die Organisations- und verfahrensrechtlich den unerläßlichen Mindestanspruch auf Wahrheit in der Medienöffentlichkeit des demokratischen Verfassungsstaats ausgestaltet und gewährleistet, insoweit nach Maßgabe der objektiv-rechtlichen Gehalte des Art. 5 I 2 GG.

     

    II. Staatsfreiheit als tragender Grundsatz bei der Qualifizierung, Inhalt und Intensität der Kontrollaufsicht durch die Landesmedienanstalten

    1. Qualifizierung der Überwachungstätigkeit der Landesmedienanstalten

    Die Überwachungstätigkeit der Landesmedienanstalten wird gemeinhin als Rechtsaufsicht qualifiziert : sie sollen "die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen überwachen" ( so die Landesmediengesetze). So bleiben den Landesmedienanstalten nur die Gesetzmäßigkeits- bzw. Rechtmäßigkeitskontrolle; eine Befugnis, verbindliche Ratschläge oder sonstige Anweisungen über Programminhalte oder andere Aktivitäten des privaten Rundfunkunternehmens nach eigener Bewertung zu erteilen, also Fachaufsicht auszuüben, ist hiernach ausgeschlossen. Dementsprechend dürfen die Landesmedienanstalten auch nur bei Rechtsverstößen einschreiten.

    Die private Rundfunkbetätigung steht nur deshalb unter besonderer Kontrolle, um eine möglichst enge Bindung der privaten Programme an die gesetzlichen Vorgaben zu garantieren. Die Kontrollmaßstäbe für die Zulassungs- und Programmkontrolle sind jeweils durch die Bestimmungen des Landesmedienrechts vorgegeben. Inhaltliche Bindungen privater Programme, Anforderungen an Qualitätsstandards oder an die Programmvielfalt können nur vom Gesetzgeber vorgesehen werden. Jedes Tätigwerden der Landesmedienanstalten gegenüber einem privaten Veranstalter kann nur an die Verletzung einer vom Gesetzgeber aufgestellten Rechtspflicht anknüpfen.

    Die Kontrollorgane dürfen insbesondere keine eigenen Vorstellungen an deren Stelle setzen oder gar die Zweckmäßigkeit bestimmter Programmgestaltungen bemängeln. Auf die Programmqualität und die Programminhalte können sie nur dann kontrollierend einwirken, wenn insoweit gesetzliche Vorgaben existieren.

    Die Beschränkung auf eine Rechtmäßigkeitskontrolle ist eine notwendige Folge der Programmfreiheit und damit eine ganz wesentliche landesgesetzliche Strukturvorgabe für die Aufgabe der Landesmedienanstalten, die nur die Umsetzung der gesetzgeberischen Vorstellungen gewährleisten sollen. Solange sich ein Programm im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen entfaltet, haben die Landesmedienanstalten keinerlei Einwirkungsmöglichkeiten.

     

    Dennoch wird diese prinzipielle Beschränkung auf eine Rechtmäßigkeitskontrolle im Bereich der Zulassungstätigkeit der Landesmedienanstalten -insbesondere bei der Vergabe knapper Übertragungswege (z.B. terrestrische Frequenzen)- vielfach durchbrochen .

    Hier wird eine Auswahlentscheidung unter mehreren Bewerbern notwendig. Diese erfordert eine Prognose, die zwar an gesetzlichen Kriterien orientiert ist, aber dennoch eine eigene Wertung der Landesmedienanstalten als Zulassungsgremien erfordert. Somit bleibt es faktisch nicht bei einer bloßen Rechtmäßigkeitskontrolle; die Einflußmöglichkeiten der Landesmedienanstalten sind durch die beschriebene Ausgestaltung sehr viel umfangreicher. Dies resultiert ohnedies schon aus den landesrechtlichen Kontrollregelungen, die vielfach recht unbestimmte Kontrollnormen enthalten.

     

    2. Inhalt und Auswirkungen des Gebots der Staatsfreiheit

    Nach Ansicht des BVerfG verbietet der Grundsatz der Staatsfreiheit eine beherrschende Einflußnahme des Staates und damit eine Wahrnehmung dieser Aufgaben in staatlicher Verantwortung. In Bezug auf die Erteilung der Sendeerlaubnis für private Anbieter sei die Einflußnahme des Staates weitgehend unzulässig. Das BVerfG hat stets betont, daß die Entwicklung der Rundfunkordnung in den Verantwortungsbereich des Gesetzgebers gehört. Von Beginn an gehörten zu der zu schaffenden positiven Ordnung Vorkehrungen über die Aufsicht.

    Schon im ersten Rundfunkurteil hat das BVerfG privaten Rundfunk zwar für grds. zulässig gehalten, aber auch deutlich gemacht, daß die Veranstalter einer Aufsicht unterworfen werden müssen. Zunächst sprach man noch von "Staatsaufsicht", da man Ähnlichkeiten zur Banken- oder Versicherungsaufsicht sah. Im Hinblick auf Art. 5 I 2 GG wandelte sich bis zum 3. Rundfunkurteil die Einordnung schließlich in Richtung einer "begrenzten Staatsaufsicht", die nur "der Aufgabe zu dienen hat, die Einhaltung der zur Gewährleistung der Rundfunkfreiheit ergangenen Bestimmungen sicherzustellen". Ausdrücklich wurde betont, daß es sich nur um "Rechtsaufsicht" handele. Im vierten Rundfunkurteil findet sich schließlich nicht mehr der Begriff der Staatsaufsicht. Der Begriff der "externen Kontrolle" wurde allmählich geprägt. Hier billigte das BVerfG erstmals, daß das damals überprüfte Gesetz die Programme privater Veranstalter keiner staatlichen Aufsicht unterstellte, sondern die Kontrolle "einer dem Staat gegenüber rechtlich verselbständigten und von ihm unabhängigen Organisationseinheit" überantwortete, welche strukturelle Parallelen zu den Rundfunkräten der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten aufwiesen. Die von diesen staatsfreien Organisationseinheiten ausgehende Kontrolle mußten nach Ansicht des BVerfG ähnlich wirksam wie die der Rundfunkräte sein; jedenfalls müßten sie - auch durch ihre Zusammensetzung - geeignet sein, effektiven Einfluß auf die privaten Rundfunkveranstalter auszuüben, um so die Rundfunkfreiheit zu wahren.

    Infolge dieser Rechtsprechung schufen die Landesgesetzgeber die Landesmedienanstalten als besondere Träger dieser Kontrollfunktionen, die vom BVerfG als unabdingbare Garanten der Funktionsfähigkeit der "privaten" Säule der dualen Rundfunkordnung qualifiziert werden.

    Somit ist die Gewährleistung der Rundfunkfreiheit durch externe Vielfalt zwar möglich; dennoch bleibt sie weiterhin im Verantwortungsbereich des Staates.

    Klärungsbedarf besteht jedoch bei der Frage, wie weit die Einflußnahme des Staates gehen darf, mithin, ob es sich bei der Funktionswahrnehmung der Landesmedienanstalten um mittelbare Staatsverwaltung handelt.

    Indem die Landesmedienanstalten lediglich einer Rechtsaufsicht unterliegen, müssen sie die ihnen zugewiesenen Aufgaben eigenverantwortlich wahrnehmen.

    Aufgrund ihrer Organisationsform der juristischen Personen des öffentlichen Rechs in der Rechtsform der Anstalt wird häufig gefolgert, sie seien Träger mittelbarer Staatsverwaltung. Dies wird jedoch immer mehr bestritten, zumal die Kontrollaufgaben der Landesmedienanstalten bei mittelbarer Staatsverwaltung in einem anderen Licht erscheinen, so insbesondere das verfassungsrechtliche Gebot der Staatsferne wegen der erhöhten Eingriffsmöglichkeit des Staates Gefahr läuft, unterminiert zu werden.

    Oberste Maxime des BVerfG bei dem Gebot der Staatsferne ist die Ausschaltung der Risiken staatlicher Einflußnahme durch die Unabhängigkeit der Kontrollorgane. Die Landesmedienanstalten haben im Bereich der staatsfrei wahrzunehmenden Aufgaben eine besondere Funktion bei der Grundrechtsverwirklichung. Sie sind dem Typ der staatsfreien Anstalt zuzuordnen. Sie leiten ihre Aufsichtsgewalt nicht von einer staatlichen Aufsichtskompetenz ab, sondern erfüllen genuine Aufgaben der Freiheitssicherung im Rundfunkbereich. Werden als Garanten der Grundrechtsverwirklichung staatsfreie Träger von Selbstverwaltung geschaffen, so werden sie in das System gesellschaftlicher - wenn auch staatlich mitverantworteter - Selbstregulierung von Freiheit integriert.

    Dennoch wird vielfach davon ausgegangen, die Landesmedienanstalten seien Träger mittelbarer Staatsverwaltung. So wird im Vergleich zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk darauf abgestellt, daß die Landesmedienanstalten nur mittelbar auf die Programmgestaltung des Rundfunks einwirkten, womit ein "etwas geringeres Maß an Staatsferne der Landesmedienanstalten zu rechtfertigen sei. Somit sei eine Einordnung als mittelbare Staatsverwaltung unbedenklich, nähmen sie doch stellvertretend eine staatliche Funktionsverantwortung wahr.

    Dabei wird jedoch übersehen, daß der Staat seine Funktionsverantwortung durch Schaffung der Mediengesetze und die Einrichtung der Landesmedienanstalten als staatsfreie Anstalten erfüllt hat. Der Staat darf aufgrund des Gebots der Staatsferne bei der Sicherung der Rundfunkfreiheit diese Kontrollaufgabe nicht selbst wahrnehmen, so daß die Landesmedienanstalten auch nicht stellvertretend für den Staat handeln können, mithin keine mittelbare Staatsverwaltung vorliegt.

    Eine Zurechnung zur Staatsverwaltung kommt auch unter dem Gesichtspunkt nicht in Betracht, die Landesmedienanstalten würden durch ihre Überwachungsbefugnis reglementierend und restriktiv in die Ausübung der Rundfunkfreiheit anderer eingreifen. Bei einer solchen Betrachtung werden Fragen des Status und der Handlungsbefugnisse unzulässig miteinander vermengt. Die Landesmedienanstalten üben nicht schon dann "staatliche" Aufsichtsfunktionen aus, wenn sie ähnliche Instrumente einsetzen können wie Träger von Staatsaufsicht in anderen Bereichen. Sie nutzen das Instrumentarium des öffentlichen Rechts, weil sie Hoheitsgewalt ausüben. Diese ist aber keine "staatliche" Hoheitsgewalt.

    Somit sind die Landesmedienanstalten nicht Träger mittelbarer Staatsverwaltung, sondern stellen sich als staatsfreie, grundrechtssichernde Anstalten dar (S.48).

     

    Die Ausgliederung der Landesmedienanstalten aus dem Bereich der mittelbaren und unmittelbaren Staatsverwaltung läßt für sich allein noch offen, wie weit staatliche Instanzen auf die Struktur der Landesmedienanstalten und ihr Verhalten einwirken dürfen, ist doch die Gewährleistung der Rundfunkfreiheit selbst primäre Aufgabe des Staates. Auch die Landesmedienanstalten sind in ihren grundrechtssichernden Tätigkeiten vor dem Träger der Staatsgewalt geschützt. Einmal ist Konsequenz dessen die Art der staatlichen Aufsicht über die Landesmedienanstalten in Form der reinen Rechtsaufsicht (vgl. B II.). Den Landesmedienanstalten kommt bei ihren Entscheidungen eine Einschätzungsprärogative zu : staatlichen Stellen ist somit mangels Beteiligung an wertenden und gestaltenden Entscheidungen mit unmittelbarer oder mittelbarer Programmwirkung eine Einflußnahme nicht möglich. Zum anderen bestimmt sich der Schutzbedarf gegenüber dem Staat mittelbar: sie sind vor dem Staat zu schützen, soweit sie ihrerseits auf den Grundrechtsbereich der Kommunikatoren und Rezipienten einwirken können. Unzulässige staatliche Eingriffe sind so z.B. – wohl äußerst seltene – direkte aufsichtliche Weisung des Trägers der Staatsaufsicht, die Landesmedienanstalten sollten in einer bestimmten Weise auf das Programmverhalten eines Veranstalters einwirken. Realistischer ist dagegen die Möglichkeit des Staates z.B. durch geänderte Finanzierung der Landesmedienanstalten deren Handlungen zu beeinflussen. Zwar stellt dies einen Eingriff in den Schutzbereich des Art.5 I 2 GG dar, der jedoch nur rechtswidrig ist, wenn er nicht vom objektiv-rechtlichen Gewährleistungsauftrag des Staates gedeckt ist, also sein Ziel verfehlen würde, die Rundfunkfreiheit zu sichern.

     

    III. Kontrolle durch begrenzten Außenpluralismus : ein Weg zur Erreichung von Meinungsvielfalt ?

    1. Rechtsprechung des BVerfG

    Zu Zeiten eines rein öffentlich-rechtlichen Rundfunks forderte die Rechtsprechung eine "binnenpluralistische Struktur" der Sendeanstalten. Hiernach müssen zur Verhinderung von einseitiger Meinungsmacht in den Organen des einzelnen Rundfunkveranstalters die maßgeblichen gesellschaftlichen Kräfte vertreten sein, um für eine ausreichende Meinungsvielfalt in den Programmen jeder einzelnen Anstalt zu sorgen. Der Gesetzgebers mußte daher Programmfenster für einzelne gesellschaftliche Gruppen (Parteien, Kirchen, Verbänden) schaffen. Um die Einhaltung der gesetzlich vorgeschriebenen Programmgrundsätze bzw. Gebote der Meinungsvielfalt zu kontrollieren wurde wurden Kontrollorgane geschaffen.

    Mit der Etablierung privaten Rundfunks setzte sich jedoch die Erkenntnis durch, daß die binnenlurale Organisation für den privaten Rundfunk auf längere Sicht ungeeignet ist. So stellte das BVerfG fest, daß das Grundgesetz eine binnenplurale Organisation auch bei privatem Rundfunk weder gebiete noch verbiete. Jedoch resümiert das BVerfG, dann "läge der maßgebliche Einfluß nicht bei dem Unternehmer, sondern bei den gesellschaftlichen Kräften...", womit die Veranstaltung von Rundfunksendungen um das Grundelement privatautonomer Gestaltung und Entscheidung und somit um ihre eigentliche Substanz gebracht würde.

    Im Rahmen der Entwicklung der dualen Rundfunkordnung suchte man schließlich Rundfunkfreiheit durch begrenzte außenpluralistische Struktur (eine Mischform zwischen binnenpluraler- und außenpluraler Struktur) durchzusetzen. Zwar sind auch hier noch die privaten Veranstalter in die gesetzliche Pluralitätssicherungen eingebunden. Zusätzlich wird die (externe) Kontrolle jedoch darauf gerichtet, daß das Gesamtangebot inländischer Programme der bestehenden Meinungsvielfalt auch tatsächlich im wesentlichen entspricht, d.h. einem Mindestmaß an pluraler Ausgewogenheit (vgl. § 25 I RStV). Hieraus wurde ein breiter Beurteilungs- und Gestaltungsspielraum der Zulassungsstellen hinsichtlich der Vielfaltsgewährleistung abgeleitet.

    Dies lief jedoch einem individualrechtlichen Anspruch eines Anbieters auf Zulassung zuwider, den das BVerfG wenigstens in seiner Extraradioentscheidung gem. Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG anerkannte. Dem wurde durch eine wesentliche Änderung der Rechtslage Rechnung getragen. Die noch von § 20 RStV 1991 (a.F.) vorgesehene Mischform des außen- und binnenpluralen Modells wurde aufgegeben. In sehr ausführlichen Regelungen hat der Gesetzgeber nunmehr das Zuschaueranteilsmodell detailliert geregelt. Dieses Modell geht davon aus, daß Außenpluralität gewährleistet ist, § 25 RStV. Das Zuschaueranteilsmodell mit einer Höchstgrenze von 30 % setzt voraus, daß es mindestens vier am Markt tätige Gruppen gibt und sich so Außenpluralität verwirklichen kann. Allerdings bezieht das Modell die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten in die Berechnung des Zuschaueranteils mit ein, so daß das außenplurale Modell durchaus dazu führen kann, daß weniger als drei Anbieter am Markt tätig sind, was nach altem Modell noch zu einem Wechsel in den Binnenpluralismus geführt hat. Allerdings stellt § 25 Abs. 4 RStV, wonach ein einzelnes Programm die Bildung der öffentlichen Meinung nicht in hohem Maße ungleichgewichtig beeinflussen darf, letztlich eine Durchbrechung des außenpluralen Modells dar.

    Konsequenz für die Kontrolltätigkeit des Landesmedienanstalten ist, daß die Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK) bei der Überprüfung des Zuschaueranteilmodells ein genaues Verfahren einzuhalten hat. Auch die Rechtsfolgen (Aufnahme von Fensterprogrammen, sonstige vielfaltssichernde Maßnahmen nach § 30 RStV) regeln sehr detailliert, welche Folgerungen aus den Feststellungen der KEK entstehen. Damit ist der Beurteilungs- und Gestaltungsspielraum der Landesmedienanstalten nach dem RStV von 1996 deutlich enger als nach dem Staatsvertrag von 1991.

     

    2. Bewertung

    Gegen die Rechtsprechungsleitlinien des BVerfG wird eingewendet, die Realisierung der Rundfunkunternehmerfreiheit werde zu stark erschwert, die Leitlinien seien tendenziell ungeeignet für die Ausgestaltung der dualen Rundfunkordnung. Demgegenüber ist der nicht von privaten marktwirtschaftlichen Interessen geleiteten Vorsicht des BVerfG bei der Entfaltung einer dualen Rundfunkordnung nachdrückliche zuzustimmen : Wäre die plurale Meinungsvielfalt unter den Bedingungen der hohen Konzentration im Rundfunkmarkt erst einmal zerstört, wären die Entwicklungen irreversibel. Der Vorrang der Sicherung der Pluralität verdient Zustimmung. Damit soll nicht ausgeschlossen werden, daß sich auch ein Rundfunkmarkt analog dem Pressemarkt entfalten könnte, auf dem die Marktverhältnisse durch gegenseitige Meinungskonkurrenz und Kontrolle einen von staatlichen Kontrollen weitgehend freien (Außen-)Pluralismus in der demokratischen Öffentlichkeit gewährleisten. Die Rechtsprechung sucht aber zu Recht einen solchen Weg dorthin verfassungsrechtlich zu ordnen: erst die Beachtung ihrer Vorgaben gewährleistet, daß dieser Wandlungsprozeß nicht den demokratischen Pluralismus beschädigt und ihn zukünftig unmöglich macht.

     

    IV. Verfassungsmäßigkeit medienrechtlicher Kontrolle am Beispiel der Programmgrundsätze:

    Zur Erfüllung ihrer Funktion als Überwachungsinstrument über die Einhaltung der Programmgrundsätze sind die Landesmedienanstalten in erster Linie darauf angewiesen, die Programmsituation der einzelnen zugelassenen Veranstalter zu beobachten.

    Die Landesmediengesetze und der Rundfunkstaatsvertrag verpflichten Anbieter von privaten Rundfunk auf rund fünfzig verschiedene Programmgrundsätze. Diese lassen sich in verschiedene Themenbereiche einteilen. Hierzu zählen u.a. folgende :

    Die Programmgrundsätze erfüllen eine Doppelfunktion : sie sind Kriterien und Maßstab der Prüfung der Landesmedienanstalten, ob gesetzliche Bestimmungen von den Rundfunkanbietern eingehalten wurden. Zudem geben sie den Rundfunkveranstaltern auch Richtlinien für ihre Programmgestaltung.

    Da diese ihrer Funktion und Intensität nach darauf angelegt sind, die Rundfunkfreiheit zu beschneiden, stellt sich die Frage der Vereinbarkeit der Programmgrundsätze mit dem Grundrecht aus Art. 5 I 2 GG. Dies hängt davon ab, ob sie Schranken der Rundfunkfreiheit i.S.d. Art. 5 II GG sein können, was sie dann sind, wenn sie allgemeines Gesetz oder gesetzliche Bestimmung zum Schutz der Jugend bzw. Ausdruck des Rechts der persönlichen Ehre i.S.d. Schrankenvorschrift sind.

    Eine verfassungswidrige Beeinträchtigung liegt in der Kontrolle der Rundfunkfreiheit auf Einhaltung der Programmgrundsätze deshalb nur, wenn diese

    Um ein allgemeines Gesetz i.S.d. Art. 5 II GG handelt es sich jedenfalls dann nicht mehr, wenn sich die konkreten Auswirkungen der gesetzlichen Regelungen nur und alleine im Schutzbereich eines der in Art. 5 I GG genannten Grundrechte entfalten. Auch, wenn die Absicht des Gesetzgebers darauf gerichtet ist, eine bestimmte Meinung gerade wegen ihrer geistigen Zielrichtung zu unterbinden, liegt kein "allgemeines Gesetz" vor. Ziel der Programmgrundsätze ist es, den Programmverantwortlichen einen bestimmten inhaltlichen Rahmen vorzugeben, innerhalb dessen sie ihre Rundfunkfreiheit ausüben können. Demnach sind sie keine "allgemeinen Gesetze".

    Da die meisten Programmgrundsätze damit keine "allgemeinen Gesetze" sind, sind sie nur dann als verfassungsgemäß anzusehen, wenn sie sich als Konkretisierung der Rundfunkfreiheit des Art. 5 I 2 GG oder als Beschreibung einer immanenten Schranke des Grundrechts darstellen.

    Das BVerfG betont fortwährend die dienende Funktion des Grundrechts : es dient der Aufgabe, freie und umfassende Meinungsbildung durch den Rundfunk zu gewährleisten. Im Rahmen seiner Gewährleistungspflicht hat der Gesetzgeber in der zu gestaltenden positiven Ordnung auch sicherzustellen, daß ein Mindestmaß an inhaltlicher Ausgewogenheit, Sachlichkeit und gegenseitiger Achtung gewährleistet wird. So werden die Rundfunkveranstalter in den Landesmediengesetzen verpflichtet, "wahrheitsgemäß, ausgewogen und sachlich zu berichten und dabei das Gebot gegenseitiger Achtung einzuhalten. Die darauf gerichteten Programmgrundsätze stellen sich als nähere Konkretisierungen der Gewährleistung der Rundfunkfreiheit des Art. 5 I 2 GG dar. Die Erfüllung dieser Grundsätze dient der Verbesserung der Situation des Rundfunkrezipienten. Damit sind sie verfassungsgemäß.

    Darüber hinaus kann man sie aber auch als Ausdruck einer immanenten Schranke der Grundrechte auffassen. Diese stellen sich als überragende Verfassungswerte dar, die wesensmäßiger Bestandteil eines jeden Grundrechts sind. Damit ist eine Güterabwägung zwischen der Medienfreiheit aus Art. 5 I GG einerseits und Verfassungswerten, die nicht im Rahmen der Gewährleistung dieses Grundrechts dessen Ausübung an Voraussetzungen binden, andererseits vorzunehmen. Wie das BVerfG festgestellt hat, müssen auch solche ausgestaltenden Normen zwar geeignet, erforderlich und verhältnismäßig sein. Allerdings hat das Gericht dem Gesetzgeber bei der Bestimmung der Geeignetheit und der Erforderlichkeit einen weiten Ermessensspielraum eingeräumt.

     

  6. Ausblick auf künftige Entwicklung

Im 3. Staatsvertrag zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge vom 28.8/11.9.1996 nehmen die Maßnahmen zur Sicherung der Meinungsvielfalt (als eine der wesentlichen Aufgaben der Landesmedienanstalten) einen wichtigen Platz ein. Mit der Schaffung der KEK, der Einigung auf ein Zuschaueranteilsmodell und der Bildung eines Programmbeirats wurden wichtige Änderungen zur Wahrnehmung dieser Aufgabe durchgeführt. Jedoch ist zu bezweifeln, ob diese vielfaltssichernden Maßnahmen tatsächlich geeignet sein werden, den mit der fortgeschrittenen Konzentration einhergehenden Gefahren für die Meinungsvielfalt im Rundfunkbereich wirksam zu begegnen, ob also die Landesmedienanstalten ihrer ihnen vom BVerfG zugewiesenen Aufgabe zur Grundrechtssicherung effektiv nachkommen können. Zum Teil wird - zu Recht - angenommen, es sei leichter möglich, den Bereich der öffentlich-rechtlichen Veranstalter zur umfassenden Information, einer objektiven und unparteilichen Berichterstattung, in der der größtmögliche Teil der unterschiedlichen Meinungen, politischen und kulturellen Tendenzen zu Wort kommen, zu verpflichten. Aufgrund schon vorhandener - und nicht mehr reversibler - starker Konzentration im privaten Sektor, ist lediglich ein leistungsfähiger öffentlich-rechtlicher Rundfunk in der Lage, gewisse unvermeidliche Defizite auszugleichen oder abzumildern und damit insgesamt dem Pluralismusgebot Rechnung zu tragen. Im Rahmen einer dualen Rundfunkordnung muß daher auch weiterhin öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten eine starke Rolle zukommen. Dies fordert letztlich sowohl das System dualer Rundfunkordnung als auch das Pluralitätsgebot.

Den Landesmedienanstalten obliegt derzeit auch die Kontrolle im europäischen Verbund. Die in der EG-Fernsehrichtlinie vorgesehene Kontrolle der Einhaltung ihrer Vorgaben ist den Organen des Sendestaates anvertraut (Art. 2 Fernsehrichtlinie), also den Landesmedienanstalten bzgl. der privaten Rundfunkveranstalter, die dem deutschen Recht unterliegen

Schon das BVerfG führte aus : Funkwellen halten sich nicht an Ländergrenzen. So verwundert es nicht, daß im Medienrecht europarechtliche Fragestellungen immer größere Bedeutung gewinnen, die nicht zuletzt auch Auswirkungen auf die von der deutschen Verfassung vorgegebene Medienordnung haben kann. So hat die Europäische Kommission schon zahlreiche Maßnahmen zur Schaffung einer europäischen Medienordnung getroffen, läßt jedoch derart zentralistische Tendenzen erkennen, daß in Konflikt mit der durch das GG vorgegebenen föderalen Medienordnung der Bundesrepublik geraten. Neben den Maßnahmen der EU wirken sich auch die Aktivitäten des Europarats auf den Rundfunk aus. Die - aufgrund der Gemeinschaftsverträge bindenden - Aktivitäten und Maßnahmen der Europäischen Union sind vielfältig und einschneidend. So wird z.T. auch befürchtet, daß nicht auszuschließen sei, daß sich mit der Verankerung der Kultur durch Art 3 p EGV die Tendenz zu weiteren Regelungen auf dem Gebiet des Rundfunkrechts noch verstärken. Zwar lasse die Rechtsprechung des EuGH hoffen, daß Art. 128 EGV nicht unbegrenzt als Grundlage für eine Kompetenzausweitung mißbraucht, sondern als Kompetenzgrenze sachgerecht genutzt wird. Jedoch ließen die vielfachen Einzelregelungen der EU befürchten, die EU verlange nach einer umfassenden europäischen Rundfunkordnung, was schließlich einen zunehmenden Verlust der den Ländern verbleibenden Regelungsspielraum auf dem Gebiet des Rundfunkrechts bedinge. Diesen zunehmenden Tendenzen einer die Länderkompetenzen immer weiter beschneidenden europäischen Aktivitäten stehe zudem die verfassungsrechtliche Vorgaben des Art. 23 I GG entgegen, der die Kompetenzübertragung in Bereichen, die nach dem GG den Ländern übertragen sind, nur in begrenztem Maße zuläßt.

Fazit ist, daß die europäischen Regelungswerke eine Veränderung der Kontrollfunktionen und -maßstäbe auch der Landesmedienanstalten möglich erscheinen lassen, bedenkt man, daß der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte die Rundfunkfreiheit des Art. 10 I EMRK sowohl vom Ansaz als auch vom Ergebnis her teilweise anders auslegt als das BVerfG die vergleichbare Bestimmung des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG.

 

 

 

 

 

The End

 

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